"Liebe, Sex, Zärtlichkeit – das sind Grundbedürfnisse. Aber was, wenn die Befriedigung dieser Bedürfnisse durch eine Behinderung erschwert ist? Dann kann Sexualbegleitung helfen. Doch der Beruf leidet unter einem Stigma.
Barbara [Name geändert] trifft sich regelmäßig mit einem Sexualbegleiter. Dabei gehe es ihr neben Sex vor allem um Selbstbestimmung sowie Liebe und Zuneigung, die nicht von den Eltern komme. „Die Berührungen lösen bei mir sogar Spastiken, das bedeutet Lebensqualität. Und sie sind gut für die Psyche: Seit ich mich mit Thomas treffe, bin ich selbstbewusster und habe das Gefühl, eine Frau zu sein, die gemocht wird.“
Thomas Aeffner hat sich 2017 am Institut zur Selbstbestimmung Behinderter (ISBB) zum Sexualbegleiter ausbilden lassen. Angetrieben habe ihn der Gedanke, dass es Menschen gebe, die keine körperliche Nähe bekämen. Doch in seinem Beruf sei er mit Vorurteilen konfrontiert: „In der öffentlichen Wahrnehmung wird Sexarbeit mit Zwang und Menschenhandel in einem Atemzug genannt, dabei wird die Breite dieses Berufs übersehen. Einige Bereiche der Sexualbegleitung ähneln eher einem Pflegeberuf.“
Die Treffen mit Thomas finden heimlich statt, berichtet Barbara, denn in ihrem Umfeld würde man darauf mit Unverständnis reagieren. „Das Thema ist tabu. Meine Familie hätte zu viel Angst, dass mir eine fremde Person wehtun würde.“
Für Sexualbegleitung zahlen Betroffene selbst. So werde die Befriedigung von Grundbedürfnissen zur Frage des Geldes, sagt Barbara. Aeffner sieht darin eine Ungerechtigkeit, da der gesundheitsfördernde Effekt von Sex nachgewiesen sei und andere Maßnahmen wie Yoga bezuschusst würden. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt dazu auf ttt-Anfrage: „Die gesetzliche Krankenversicherung hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern. Eine Kostenübernahme oder Bezuschussung sexueller Dienstleistungen für Menschen mit Behinderung würde den Aufgabenbereich übersteigen.“
Published online at "ttt – titel, these, themperamente", a culture magazine from Germany.

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